Leere, Zen und Sinngebung

Das Konzept der Leerheit steht im Mittelpunkt des Herz-Sutras und damit in der Zen-Philosophie. In der Zen-Tradition handelt es sich jedoch vordergründig um eine praktische Übung. Das dazugehörige Koan lautet: Was ist Leerheit?

Wenn du dich traust, dich der Leere und der Bedeutungslosigkeit zu stellen und sie zu ergründen, entdeckst du auch die Fülle und den Sinn des Lebens. Wenn du dich vor der Leere fürchtest, dann erlebst du das Leben nicht in seiner ganzen Fülle. Deshalb ist die Erforschung der Leerheit für jeden wichtig, der ein erfülltes Leben führen will. Dieser Gedankengang, der seinen Ursprung im Herz-Sutra hat, wurde im Westen von dem französischen Philosophen Sartre meisterhaft ausgearbeitet.

Blaues Anführungszeichen-Symbol – steht für ein wörtliches Zitat
Der Vollmond spiegelt sich in der ruhigen Oberfläche eines Flusses und symbolisiert die Zen-Lehre der Leere.
„Es gibt viele Spiegelbilder des Mondes – und doch nur einen Mond.“ (Baso)

Die Leere im Herz-Sutra

Im Zentrum des Herz-Sutras steht der Gedanke „Form ist Leerheit und Leerheit ist Form“. Dieser Ausdruck bezieht sich auf die grundlegende Lehre des Buddhismus, dass alles in der Welt, einschließlich aller physischen Formen und Phänomene, letztlich leer von einer dauerhaften, unabhängigen und inhärenten Essenz oder Substanz ist.

Mit anderen Worten: „Form“ („rupa“ in Sanskrit) bezieht sich auf alles, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können, wie Objekte, Körper und Ereignisse, während „Leerheit“ („sunyata“ in Sanskrit) sich auf das grundlegende Fehlen einer unveränderlichen und autonomen Identität in diesen Phänomenen bezieht.

Das Konzept „Form ist Leerheit“ ist wichtig für das Verständnis der buddhistischen Lehre von „anatta“ oder „Nicht-Selbst“, die besagt, dass es in der menschlichen Erfahrung kein beständiges und autonomes Selbst oder Ego gibt. Das Verständnis der Leerheit der Formen kann daher helfen, die illusorische Natur unseres Selbst und unserer Erfahrungen zu durchschauen und kann zur Befreiung vom Leiden und zur Erleuchtung führen.

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Leere bei Sartre

Bei Jean-Paul Sartre bezieht sich der Begriff der Leere auf die grundlegende Abwesenheit von Sinn, Zweck und Werten in der Welt. Als Existenzialist glaubte Sartre, dass der Einzelne frei ist, seinen eigenen Sinn und seine eigenen Werte zu schaffen, jedoch die Welt an sich sinn- und zwecklos ist.

Sartre sah die Welt als neutrale und gleichgültige Umgebung, in der der Einzelne seinen eigenen Sinn und seine eigenen Werte finden muss. Er vertrat die Ansicht, dass die Welt keinen inhärenten Sinn hat und der Einzelne daher die volle Verantwortung für sein Leben und seine Entscheidungen trägt. In dieser Hinsicht kann die Leere in der Welt auch als Quelle von Angst und Unsicherheit gesehen werden, da es keine festen Normen gibt, auf die man zurückgreifen kann. Der Einzelne ist voll und ganz dafür verantwortlich, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und seinen eigenen Sinn zu finden.

In Sartres Philosophie ist der Einzelne daher gezwungen, sich selbst zu erschaffen und seinen eigenen Sinn in einer Welt zu finden, die an sich keinen Sinn hat. Das kann sowohl befreiend als auch erschreckend sein, je nachdem, wie man die Leere der Welt wahrnimmt und wie man sich ihr gegenüber verhält.

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Leere und Zen-Praxis

In der Zen-Tradition bezieht sich die Leere eher auf den Geisteszustand, der entsteht, wenn wir unseren Geist von Gedanken und Konzepten leeren und ganz im Moment präsent sind. Es ist ein Bewusstseinszustand, in dem wir nicht von unserem Ego mitgerissen werden und offen für die Realität sind, wie sie sich uns präsentiert.

In der Zen-Tradition ist die Leere also weniger ein philosophisches Konzept als eine Erfahrung des Bewusstseins und der Präsenz im Hier und Jetzt. Es ist ein Zustand, in dem wir uns der tatsächlichen Realität bewusst sind, ohne ihr eine absolute Bedeutung zuzuschreiben.

Obwohl die Leerheit in der Zen-Tradition auch als Abwesenheit von Bedeutung gesehen werden kann, bedeutet diese Leerheit nicht, dass alles bedeutungslos ist. Im Gegenteil, durch die Praxis der Zen-Meditation erfahren wir, dass das Leben tatsächlich bedeutungsvoller wird, wenn wir unseren Geist von unseren eigenen Konzepten leeren und uns für die Realität öffnen, wie sie sich uns präsentiert. Wenn wir uns nicht zu sehr von unserem Ego ablenken lassen und uns auf das Hier und Jetzt konzentrieren, können wir einen tieferen Sinn und Wert im Leben finden.

Genau darum geht es im Herz-Sutra. Der Text ist philosophisch und die Leerheit steht im Mittelpunkt, aber das Rezitieren und Studieren hat einen praktischen Zweck, nämlich Zen und die Sinnhaftigkeit des Lebens zu erfahren.

Rients Ritskes, der eine Brille und ein weißes Hemd trägt.

Zen-Meister und Gründer von Zen.nl

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