Jan Brok über seine Reise in ein Zen-Kloster in Taiwan
Mit 75 Jahren zu beschließen, für eine längere Zeit in ein Zen-Kloster in Taiwan zu gehen – das machen nicht viele Menschen. Zen.nl-Lehrer Jan Brok schon. Ehemals als Theologe und Dozent tätig, packt er bald seine Koffer. Mitte dieses Monats reist er für drei Monate in ein Zen-Kloster in den Bergen nördlich von Taipeh. Wir haben ihn nach seinen Gründen gefragt.

Warum dieser Schritt?
Das Ziel ist in erster Linie, die chinesische Zen-Tradition besser kennenzulernen. Wie leben die Frauen und Männer dort in einem solchen Kloster, wie sieht der Tagesablauf aus, wie läuft es konkret ab? Ich weiß es nicht, und genau das reizt mich. Außerdem möchte ich meine Komfortzone verlassen. Meine Grenzen verschieben. So lernt man sich selbst besser kennen.
Du bist katholisch. Wie verträgt sich das mit diesem Schritt?
Ich bin kein Priester, sondern Laientheologe. Ich habe aber mein ganzes Leben lang in der katholischen Kirche und im Hochschulwesen gearbeitet. Die letzten elf Jahre war ich Studienleiter einer Priester- und Diakonenausbildung. Klöster kenne ich gut, in den Niederlanden, Flandern, Deutschland. Aber Zen-Klöster nicht, abgesehen von musealen Besuchen in Japan. Das wird zum ersten Mal das echte Leben in einem chinesischen Kloster sein. Das muss man erfahren, nicht nur darüber lesen.
Du bist 75. Was sagt deine Familie dazu?
Sie waren überrascht, aber auch begeistert. Meine Tochter sagte: „Wie großartig, dass du das noch machst!“ Es erfordert natürlich auch eine gute Gesundheit. Und ja, das Klosterleben ist spartanisch. Manchmal schläft man dort nur drei Stunden pro Nacht auf dem Boden, wie ich gehört habe. Wir werden sehen, wie das wird. Schon allein die Beantragung eines Visums für einen mehrmonatigen Aufenthalt war ein Abenteuer.
Warum ist Zen so wichtig für dich?
Ich neige stark dazu, das Leben durch Theorie und Studium zu begreifen. Das ist mein Hintergrund. Aber im Zen muss man die Dinge vor allem selbst, so rein wie möglich, erfahren. Das lehrt mich die Meditation. Der Verstand ist nützlich, aber nicht das Allheilmittel. Meditation schafft mehr Raum und Freiheit, um die Wirklichkeit direkter zu erfahren.
Und was bedeutet das konkret in der Praxis?
Vor allem Körperlichkeit. Wenn man sitzt, spürt man Schmerz. Den kann man nicht wegdiskutieren. Man bemerkt, wie sensibel die Sinne werden, wie intensiv man erfährt. Das ist für mich ein großer Unterschied zu der Tradition, in der ich aufgewachsen bin. Dort lag der Schwerpunkt viel weniger auf dem Körper und der Erfahrung.
Ist das auch eine Konfrontation mit deinem Ego?
Ja, sein Ego verliert man nie, es bleibt bis zum Tod. Aber man merkt, dass es manchmal als Last auftritt und nicht immer so wichtig sein muss. Das Meditieren hat mich gelehrt, mein Ego weniger in den Vordergrund zu stellen. Manchmal ist es kurz weg, und das empfinde ich als Gewinn. Es ermöglicht einen besseren Kontakt zu sich selbst, zu den Menschen um einen herum, zur Natur und zur Welt.
Bist du Christ oder Buddhist?
Ich fühle mich in der christlichen Tradition vollkommen zu Hause, das ist mein Fundament. Zen hat mich nicht zum Buddhisten gemacht, aber mein Christsein verändert. Es ist reiner, empfänglicher und erfahrungsorientierter geworden.
Was hoffst du, aus Taiwan mit zurückzubringen?
Dass ich mich als Mensch noch freier und heiterer fühle. Das ist genug. Und ja, ich denke, dass ich dadurch auch ein besserer Zen-Lehrer werde. Je mehr man selbst erlebt, desto mehr hat man weiterzugeben. Solange meine Gesundheit es zulässt, möchte ich weiterhin Zen-Meditationskurse geben.
Die Fragen stellte Rients Ritskes.
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Rients Ritskes
Zen-Meister und Gründer von Zen.nl
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