Ikigai: Dein Kompass für mehr Sinn im Tun

Eine aktuelle Gallup-Studie, über die der Spiegel 2024 berichtete, zeichnet ein alarmierendes Bild der deutschen Arbeitswelt: 7,3 Millionen Beschäftigte haben innerlich gekündigt und machen nur noch „Dienst nach Vorschrift“.

Doch diese Zahl erzählt nur die halbe Wahrheit. Was bedeutet sie für dich persönlich, wenn du zu denen gehörst, die innerlich gekündigt haben? Diese Haltung ist oft ein verständlicher Schutzmechanismus. Aber der Preis ist hoch. Denn „Dienst nach Vorschrift“ ist mehr als nur ein Jobproblem – es ist eine schleichende Belastung für dein gesamtes Wohlbefinden. Die Arbeit wird zur Quelle von Leere und Zynismus, die Interaktionen mit Kollegen werden mühsam und das Gefühl, die eigene Zeit zu verschwenden, wächst.

Dieser Teufelskreis der Sinnlosigkeit muss durchbrochen werden. Genau hier setzt das japanische Konzept des Ikigai an: als ein bewusster Weg, um nicht nur einen neuen Job, sondern vor allem wieder Bedeutung und Freude im eigenen Tun zu finden. Es ist ein Appell, nicht aufzugeben, sondern das Ruder selbst in die Hand zu nehmen.

Was ist Ikigai: Dein innerer Kompass

Ikigai ist ein japanisches Konzept, das ein einfaches und zugleich tiefgründiges Modell zur Selbstreflexion bietet. Es hilft dabei, deinen persönlichen Schnittpunkt zu finden, an dem das, was du sehr gerne machst (Leidenschaft), und das, worin du gut bist (Talent), mit dem zusammenkommt, was die Welt braucht (Mission) und wofür man dich bezahlen könnte (Beruf).

Diese vier zentralen Fragen werden oft in einem Venn-Diagramm dargestellt, dessen Schnittmenge das persönliche Ikigai bildet. Dabei ist Ikigai kein starres Ziel, das man einmal erreicht, sondern ein flexibler Kompass für die Frage, was dein Leben wirklich lohnenswert macht. Ein Kompass, der sich je nach Alter, Lebensphase und Weltlage immer wieder nachjustieren lässt.

Die vier Fragen des Ikigai als sich überschneidende Kreise, die den Weg zu einer sinnvollen Tätigkeit im Beruf und im Leben aufzeigen.
Die vier Fragen des Ikigai: Was machst du gerne? Was machst du gut? Was braucht die Welt? Wofür könnte man dich bezahlen?

So mag für einen jungen Menschen, der eine Existenz aufbaut, der Bereich „Wofür könnte man dich bezahlen?“ ein höheres Gewicht haben. Für einen Rentner, der sich ehrenamtlich engagiert, rückt hingegen die „Mission“ vollständig in den Vordergrund, während die Bezahlung keine Rolle mehr spielt. Dein Ikigai wächst und wandelt sich mit dir.

1. Die Leidenschaft: Was lässt dein Herz singen?

Um diese Frage zu ergründen, frage dich: Welche Aktivitäten schenken mir wirkliche Freude und tiefe Befriedigung?

Vielleicht weißt du es sofort, vielleicht musst du länger darüber nachdenken. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, denn die Antwort hierauf ist das Fundament für viele wichtige Entscheidungen in deinem Leben. Es muss nicht nur eine einzige Antwort geben. Und sei dir sicher: Diese Antwort wird sich im Laufe deines Lebens wandeln und mit dir wachsen, denn du entwickelst dich ja weiter.

2. Das Talent: Wo liegt deine Stärke?

Jeder Mensch hat Fähigkeiten und Talente. Deren Verteilung erscheint uns nicht immer gerecht. Nicht jeder hat den Körper eines Spitzensportlers oder ist redegewandt wie ein Politiker. Und das ist auch gut so, denn die Welt braucht vielfältige Talente.

Verbinde Talent mit Leidenschaft

Die Frage, worin du gut bist, ist oft eng mit dem verbunden, was du leidenschaftlich gerne tust. Denn wenn du etwas lange und oft praktizierst – sei es Musizieren, Sport, die Leitung eines Teams oder die Pflege anderer Menschen – wirst du darin irgendwann mal richtig gut.

Frag dich:

➡️ Worin sagen andere, dass du gut bist?

➡️ Bei welchen Aktivitäten vergisst du die Zeit, weil sie dir so leichtfallen?

3. Die Mission: Wie kannst du einen Beitrag leisten?

Die wahre Kraft des Ikigai entfaltet sich, wenn wir unsere Leidenschaften und Talente nicht nur für uns selbst nutzen, sondern sie mit den Bedürfnissen der Welt verbinden. Die zentrale Frage lautet: Wie kann ich mit dem, was ich gerne tue und gut kann, einen wertvollen Beitrag leisten?

Dabei muss es nicht immer um die Rettung der Welt oder die Gründung einer gesellschaftlichen Bewegung gehen. Die wahre Kraft dieser Frage liegt oft im Kleinen, im Alltäglichen. Denke an den Kellner, der seine Arbeit liebt und den Gästen durch seine Aufmerksamkeit einen unvergesslichen Abend bereitet. Oder die Pflegekraft, die einem bedürftigen Menschen mit einem Extra an Empathie und Geduld begegnet. Das ist eine gelebte Mission. Auch die kleinsten Gesten verändern die Welt.

4. Der Beruf: Wie deine Leidenschaft zur Profession wird

Die Welt braucht vieles und ich könnte meinen Tag damit füllen, anderen Gefälligkeiten zu erweisen. Eine andere Frage ist, ob das, was ich den anderen anbiete, so wertvoll für sie ist, dass sie bereit sind, mich dafür zu bezahlen. Als Gründerin einer Zen-Schule muss ich immer wieder versuchen, mein Angebot so zu gestalten, dass es für die Menschen einen echten Mehrwert bringt und sie bereit sind, dafür eine Kursgebühr zu zahlen. Das zwingt mich, genau über die Bedürfnisse meiner Zielgruppe nachzudenken und mein Angebot darauf abzustimmen. Auch dies ist übrigens ein Prozess, der immer wieder neu durchlaufen werden muss.

Gleichzeitig ist es wichtig, realistisch zu bleiben. Keine Tätigkeit, so erfüllend sie auch sein mag, besteht nur aus Höhepunkten. Jede Aufgabe, selbst der absolute Traumjob, hat ihre routinierten, manchmal sogar langweiligen Seiten. Hier kommt die Zen-Perspektive ins Spiel: Wenn die übergeordnete Tätigkeit für dich sinnhaft ist, fällt es leichter, auch die notwendigen, aber vielleicht trockenen Aufgaben zu erledigen. Die Leidenschaft für das Schreiben macht das mühsame Korrekturlesen erträglich. Die Freude am Heilen hilft über den administrativen Aufwand hinweg. Es ist die bewusste und achtsame Erledigung auch dieser Aufgaben, die einen Profi ausmacht.

Raus aus der Sachgasse

Die innere Kündigung ist eine Sackgasse, die dir deine Lebensenergie raubt. Tu es nicht. Gib dein Handeln wieder Bedeutung. Der Weg dorthin beginnt mit Bewusstwerdung – mit ehrlichen Antworten auf die Fragen: Was will ich wirklich? Was kann ich? Und was braucht die Welt um mich herum? Ikigai ist dabei kein theoretisches Konstrukt, sondern ein praktisches Werkzeug zur Selbstreflexion. Bewusstwerden ist immer der erste Schritt zu bedeutungsvollen Änderungen. Die regelmäßige Zen-Meditation ist dafür eine geeignete Praxis: zur Ruhe kommen und auf seinen inneren Kompass hören.

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Leonne Boogaarts, Gründerin und Zen-Lehrerin von Zen-Meditation Berlin

Zen-Lehrerin und Gründerin von Zen-Meditation Berlin

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