Lebe langsamer, lebe besser

Wie du durch Entschleunigung Stress reduzierst, effektiver arbeitest und deine Lebensqualität steigerst

Die Welt im Turbomodus

Technik, Verkehr und digitale Geräte diktieren unser Tempo, und wir hetzen durch den Tag, um den Anforderungen hinterherzukommen. Fast Food, Speed-Dating oder Quick Commerce liegen im Trend. Schnelligkeit bestimmt unser Handeln: E-Mails werden im Vorbeigehen getippt, die Fernreise in Minuten gebucht, und die Mahlzeit per App bestellt, weil selbst kochen ja schon mal eine halbe Stunde dauern kann – wie meine Nachbarin kürzlich betonte. Wir leben im Turbomodus: immer schneller, immer mehr.

Ungeduld und Stress: Die Kosten der Schnelligkeit

Auch ich war lange ein Verfechter der Schnelligkeit. Kunden lobten die rasche Lieferung meiner Übersetzungen, und meine schnelle Auffassungsgabe galt in Arbeitszeugnissen als besondere Stärke. Ich setzte alles daran, meine Arbeit so zeitoptimiert wie möglich zu gestalten – Aufgaben zu bündeln und sie in Rekordzeit zu erledigen.

Doch diese Jagd nach Effizienz forderte ihren Tribut. Immer häufiger wurde ich ungeduldig, wenn andere länger über eine Sache nachdenken wollten – während ich glaubte, alles bereits verstanden zu haben. An der Supermarktkasse wuchs mein Stress, weil mir alles unerträglich langsam vorkam. Ich hatte das Gefühl, wertvolle Zeit zu verlieren, die ich doch eigentlich für „wichtigere“ Dinge nutzen wollte – obwohl mir nie wirklich klar war, was diese wichtigen Dinge eigentlich sein sollten. Zeit, um darüber nachzudenken, blieb mir ja ohnehin nicht.

Bunte Teekanne und Teetasse vor orangefarbenem Hintergrund, symbolisch für Entschleunigung und Achtsamkeit im Alltag.
Lebe langsamer: Nimm dir Zeit zum Teetrinken

Zen-Meditation als Gegenmittel zur Ungeduld

Die Zen-Meditation ist ein wirkungsvolles Gegenmittel gegen Stress. Als ich begann, Zen zu praktizieren, wurde mir meine Ungeduld erst richtig bewusst. In den ersten Wochen war es eine echte Herausforderung, zu Hause zwanzig Minuten in Stille zu sitzen – es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Ich wartete sehnsüchtig darauf, dass die Glocke das Ende der Meditation einläutete. Doch je mehr ich das Ende herbeisehnte, desto langsamer schien die Zeit zu vergehen. Nach und nach half mir die Übung jedoch: Statt gegen die Zeit anzukämpfen, begann ich, meine Aufmerksamkeit auf meinen Atem zu richten. Irgendwann stellte ich überrascht fest, dass die Zeit wie im Flug vergangen war.

Diese Gelassenheit übertrug sich allmählich auf meinen Alltag. An der Supermarktkasse, wo ich mich früher über die Langsamen vor mir ärgerte und seufzte, richte ich nun bewusst meine Aufmerksamkeit auf meinen Atem und nutze die Zeit für eine kurze Meditation im Stehen. Wenn ich dann bemerke, dass jemand hinter mir gestresst und ungeduldig seufzt, lasse ich diese Person manchmal vor. Ich kenne das ja, weil ich selbst lange in dieser Eile gefangen war.

Blauer Kopf mit Gehirn
  • mehr Ruhe
  • weniger Stress
  • besser schlafen
  • besser fühlen
  • mehr Konzentration
  • besser zuhören
  • weniger störende Emotionen
  • mehr Energie

Sich die Zeit gönnen

Obwohl mir die Zen-Meditation von Anfang an sehr half, lässt sich ein über Jahrzehnte eingeübtes Verhaltensmuster nicht von heute auf morgen überwinden. Es ist irgendwie bequem, in den vertrauten Bahnen zu bleiben. Während meines Zen-Trainings erhielt ich von meinen Lehrern wertvolle Ratschläge: langsamer atmen, innehalten, bevor ich spreche, mir Zeit zum Nachdenken nehmen, bevor ich antworte. „Gönne dir die Zeit.“ Gerade dieser positiv geladene Ausdruck, sich etwas zu gönnen, stärkte mein Bestreben, mein Verhaltensmuster Schritt für Schritt zu verändern. Es braucht Übung, die eigene Geschwindigkeit bewusst zu drosseln – aber ich will es mir gönnen.

Effizienter durch Langsamkeit: Ein Widerspruch?

Entgegen der weitverbreiteten Meinung ist Langsamkeit oft der Schlüssel zu mehr Effizienz. Wer langsamer und bewusster arbeitet, macht weniger Fehler und spart sich das mühsame Nacharbeiten. In meinen Zen-Kursen gebe ich den Teilnehmenden regelmäßig Aufgaben mit nach Hause – etwa Gemüse wie ein Profikoch zu schneiden. Anfangs dauert es länger, doch die volle Konzentration auf jede Bewegung führt zu Sicherheit und Präzision. Diese Methode hat sich auch in Profiküchen bewährt, wo sowohl Effizienz als auch Qualität unerlässlich sind.

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Tiefes Verstehen statt Oberflächlichkeit

Schnelligkeit führt oft dazu, dass wir Dinge nur oberflächlich erfassen. Ich erwische mich dabei, Bücher schnell durchzulesen, nur um später festzustellen, dass ich sie nicht wirklich verstanden habe. Statt das Buch einfach nur durchzublättern, habe ich mir angewöhnt, langsamer zu lesen, Seiten zu wiederholen und mir Zeit zu nehmen, über das Gelesene nachzudenken: Was bedeutet dieser Text für mich? Was kann ich daraus lernen?

Auch in Gesprächen neigen wir dazu, voreilige Schlüsse zu ziehen und glauben, den anderen schnell verstanden zu haben. Doch wahres Verstehen braucht Zeit – Zeit, um nachzufragen und sicherzustellen, dass man wirklich begreift, was der andere meint. Dieses Nachfragen ermutigt den Gesprächspartner oft, mehr zu erzählen, wodurch sich das Gespräch vertieft und die Beziehung zu diesem Menschen gestärkt wird. Langsamkeit zahlt sich in vielen Bereichen des Lebens aus.

Nebelverhangene Berglandschaft mit Wolken vor blauem Himmel

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Übe Langsamkeit: praktische Tipps für den Alltag

Deshalb nehme ich mir immer wieder vor, einige alltägliche Handlungen bewusst langsamer auszuführen. Wenn ich einen Raum betrete, setze ich ganz bewusst den linken Fuß zuerst. Diese kleine Geste zwingt mich, einen Moment innezuhalten. Statt gedankenlos durch die Wohnung zu laufen, versuche ich, den Übergang von einem Raum in den nächsten ganz bewusst wahrzunehmen.

Vor einigen Wochen besprachen wir im Kurs, wie wir es schaffen können, weniger impulsiv zu reagieren. Zu oft reagieren wir reflexartig, vor allem, wenn wir unter Druck stehen. Wer sich regelmäßig in Achtsamkeit übt und kurz innehalten kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit, auch in herausfordernden Gesprächen bewusster und besonnener zu reagieren.

Daher versuche ich, in allen Gesprächen nicht sofort zu antworten, sondern einen Atemzug zu nehmen und zu überlegen, was mein Gegenüber mir wirklich sagen möchte. Jeder kann eine kleine Gewohnheit finden, die er langsamer ausführt, um mehr Achtsamkeit in den Alltag zu bringen.

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Achtsamkeit und Lebensqualität: Was Langsamkeit bewirken kann

Langsamkeit bringt mehr Achtsamkeit – und Achtsamkeit führt zu höherer Qualität. Diese Qualität zeigt sich nicht nur in dem, was wir tun und erschaffen, sondern durchdringt unser ganzes Leben. Ich rate den Teilnehmenden meiner Zen-Kurse, neben der Sitzmeditation eine einfache Tätigkeit bewusst langsam auszuführen. Zum Beispiel achtsam und langsam zu essen oder zu trinken, sich die Zähne besonders sorgfältig zu putzen oder einen Bereich der Wohnung gründlich zu reinigen. Beobachte, wie sich diese Praxis auf dich auswirkt. Du wirst merken, dass du nicht nur deine Aufgaben, sondern auch dein Leben insgesamt achtsamer und intensiver erlebst.