Die Entdeckung der Freiheit: Ein persönlicher Erfahrungsbericht

In einem vorherigen Artikel schrieb ich über unsere grundsätzliche Entscheidungsfreiheit. Dieses Konzept ist ein wesentlicher Aspekt meines Zen-Verständnisses und beruht auf zwei Säulen: die völlige Annahme dessen, was im Hier und Jetzt passiert, und die Freiheit, eine angemessene Antwort auf die Situation zu wählen. Theoretische Zen-Konzepte wie diese sind wichtig, doch erst durch praktische Erfahrungen werden sie wirklich lebendig und anwendbar. Während eines Krankenhausaufenthalts hatte ich eine Erkenntnis, die den praktischen Wert dieser Lehre mit Leben fühlte. Manchmal entstehen gerade in dunklen Momenten wichtige Einsichten. So führte bei mir einen Moment der Traurigkeit zu einer bedeutenden Einsicht:

Der ärztliche Rat

Aus meinem Gesicht muss ein Basalzellkarzinom entfernt werden. Nichts Ernstes, aber es muss weg. Die Operation findet im Krankenhaus statt, wo ich nach der Entfernung noch drei bis vier Tage zur Beobachtung bleiben soll, erklärt mir die Ärztin. Da ich nur eine Viertelstunde Fußweg vom Krankenhaus entfernt wohne, schlage ich vor, nach Hause zu gehen und zur Kontrolle wieder vorbeizukommen. Schließlich schlafe ich viel lieber in meinem eigenen Bett. Nach dem Eingriff habe zwar einen eindrucksvollen Verband am Kopf, aber sonst geht es mir gut. Was soll ich als gesunder Mensch vier Tage lang in einem Krankenhaus? Leider geht das nur gegen den ärztlichen Rat, mit allen Konsequenzen, warnt die Ärztin, die die Operation durchgeführt hatte. Und ihr Rat lautet, im Krankenhaus zu bleiben, da sich die Wunde entzünden kann. Erst am nächsten Tag wird sie wissen, ob das Karzinom vollständig entfernt ist; falls nicht, muss sie den Rest entfernen, ansonsten kann die Wunde wieder zugenäht werden.

Skulptur am Ufer mit Fluss und Brücke im Hintergrund bei Sonnenuntergang
Wer Freiheit sucht, hält Ausschau nach offenen Toren. Habe ich ein Tor zum Himmel entdeckt?

Labyrinth Krankenhaus

Nach einer halben Stunde Irren im Benjamin-Franklin-Krankenhaus finde ich endlich die richtige Station und melde mich im Bettenhaus. Eine Pflegerin bringt mich in ein Zweibettzimmer, zeigt mir den Schrank für meine Sachen und erklärt mir die Technik am Bett. Ich packe meine wenigen Sachen aus, schließe mein Laptop an und beginne an dem kleinen Tisch im Zimmer zu arbeiten. Ich mache Spaziergänge rund um das Krankenhaus, gehe kurz nach Hause, um zusätzliche Sachen für die Nacht zu holen, schlafe sehr unruhig, da ich die Fenster, wie ich es gewohnt bin, nicht ganz öffnen kann und hoffe darauf, den Krankenhausaufenthalt schnell abschließen zu können.

Am nächsten Tag werde ich für die weitere Behandlung im Operationsraum abgeholt. Ich muss mich für den Transport auf mein Bett legen, damit ich mit dem Bett zum Operationsraum gefahren werden kann. „Ich kann einfach gehen. Ich bin ja nicht krank oder so“, protestiere ich. Doch der Mann vom Krankentransport ist unnachgiebig. Er muss tun, was ihm gesagt wurde, sonst bekäme er Ärger. Ich sitze im Schneidersitz auf dem Bett, während er mich durch das riesige Krankenhaus fährt. Den ganzen Tag transportiert er Patienten von einem Ort zum anderen und kennt das komplexe Gebäude wie seine Westentasche, obwohl Abteilungen hinzukommen, verschwinden oder den Ort wechseln, erzählt er mir.

Blauer Kopf mit Gehirn
  • mehr Ruhe
  • weniger Stress
  • besser schlafen
  • besser fühlen
  • mehr Konzentration
  • besser zuhören
  • weniger störende Emotionen
  • mehr Energie

Enttäuschung

Im Operationsraum erhalte ich die schlechte Nachricht, dass immer noch ein kleines Stück Karzinom am Rand der Probe vorhanden war. Ich bin enttäuscht: Ich muss ein zweites Mal operiert werden und einen zusätzlichen Tag im Krankenhaus bleiben. Danach warte ich auf dem Krankenhausbett in einem fensterlosen Raum auf jemanden, der mich wieder zurück auf die Station fährt. Es dauert und ich langweile mich. Mein Mann meldet per WhatsApp, dass er auf der Station angekommen ist und fragt, wo ich bin. Keine Ahnung, antworte ich ihm. Wie lange wird es dauern? Keine Ahnung.

Dunkele Wolken im Nirvana

Im Zen-Buddhismus heißt es, dass das Nirvana immer im Hier und Jetzt ist. Jetzt, in diesem ungemütlichen Raum, betrüben dunkle Wolken diese Erkenntnis. Ich fühle mich traurig. Statt kürzer, soll ich jetzt länger in diesem Krankenhaus bleiben. Ich habe das Glück, dass ich mich noch nie größeren medizinischen Eingriffen unterziehen musste, aber selbst bei den kleinen Eingriffen beschleicht mich immer ein Gefühl der Entfremdung von meinem Körper. Als gehöre er nicht mehr mir, sondern den Fachärzten, die meinen Körper so viel besser kennen und wissen, was mit ihm zu tun ist. Gleichzeitig schäme ich mich für meine Traurigkeit. Ich denke an Menschen, denen nach einer schweren Behandlung gesagt wird, dass der Krebs doch noch nicht ganz verschwunden ist und die dann viel größere Probleme haben, als nur einen weiteren Tag im Krankenhaus verbringen zu müssen.

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Meine Entscheidung

Ich erinnere mich an einen Zen-Kurs, in dem wir darüber sprachen, dass das, was du in einem bestimmten Moment denkst und tust, immer deine eigene Entscheidung ist. Damals war ich sehr skeptisch, hatte eine Menge Einwände, erkannte aber am Ende meine grundsätzliche Entscheidungsfreiheit an, obwohl es alles noch sehr theoretisch war. Jetzt wird mir plötzlich klar: Dies ist meine Entscheidung! Ich habe mich zwar nicht entschieden, ein Karzinom zu bekommen, aber als die Hautärztin mich darüber aufklärte, dass ich eines hatte und sie mir zu einer Operation riet, war es meine Entscheidung, mich dieser Behandlung zu unterziehen. So war es gestern auch meine Entscheidung, dem Rat der Ärztin zu folgen und nicht nach Hause zu gehen. Mir wird auch die Konsequenz dieser Einsicht klar. Nämlich, dass ich mich jederzeit anders entscheiden kann, und das fühlt sich gut an. Die dunklen Wolken verflüchtigten sich und ich sehe klarer. Ich steige vom Bett und sage der OP-Helferin, dass ich nicht länger darauf warten möchte, dass jemand kommt und mich samt Bett abholt. Sie gibt mir recht und bittet mich, meine Akte auf der Station abzugeben. Sie wird dafür sorgen, dass auch das Bett wieder auf mein Zimmer kommt. Ich finde ohne Probleme die Station, wo ich meine Akte abgebe. Auf dem Flur finde ich meinen Mann. Zusammen trinken wir Kaffee im schattigen Krankenhausgarten.

Eine Glocke in hellem Mintgrün läutet für wichtige Ankündigungen

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Eine Erkenntnis reicher

Am nächsten Tag bekomme ich gute Nachrichten: Das Karzinom ist jetzt vollständig entfernt, die Wunde kann zugenäht werden. Das Zusammennähen ist schmerzhafter als die Entfernung des Karzinoms. Der Einstich der Betäubungsspritze schmerzt gemein. Ich konzentriere mich auf meine tiefe Bauchatmung, die den Schmerz erträglicher macht. Der Arzthelfer sagt mir nachher, er sei beeindruckt von meiner Ruhe. Schade, dass dies nicht der Zeitpunkt ist, ihm zu sagen, dass man das durch regelmäßiges Meditieren lernen kann. Die Operation ist in der Hälfte der geplanten Zeit abgeschlossen. Zwei Tage später werde ich nicht nur mit einer Narbe, sondern auch um eine wichtige Erkenntnis reicher entlassen.

Blühender Zweig mit weißen Blüten vor einem hellblauen Hintergrund.

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