Von Leonne Boogaarts
Wie du dein Leben neu navigierst (mit Zen)
Warum stürzen wir uns in Spielen, beim Sport oder beim Lösen kniffliger Rätsel freiwillig in schwierige Herausforderungen und genießen den Nervenkitzel, während uns ähnliche Probleme im Alltag – ein unerwarteter Steuerbescheid, ein bürokratisches Hindernis beim Bürgeramt – sofort in Stress versetzen?
Im Spiel suchen wir die Herausforderung. Im echten Leben empfinden wir sie oft nur als Last. Was ist der entscheidende Unterschied?

Die Last der unsichtbaren Regeln
Im echten Leben fühlen sich die Einsätze oft unendlich hoch an. Das liegt nicht nur an den realen Konsequenzen, sondern vor allem an den unbewussten Normen, die wir uns selbst auferlegen. Wir versuchen, ein Leben nach perfekten Maßstäben zu führen: Wir wollen ideale Eltern sein, stets kollegiale Mitarbeiter, aufmerksame Partner, die niemals egoistisch wirken.
Dieser innere Druck macht aus einem potenziell spannenden Leben einen mühsamen Hindernislauf, bei dem jeder Fehler wie eine Katastrophe wirkt. Wir wagen es nicht mehr zu spielen, weil wir viel zu viel Angst haben, zu verlieren.
Die Haltung macht den Unterschied
Ich kenne dieses Phänomen aus eigener Erfahrung. Früher konnte ich mich stundenlang in komplexen Strategiespielen wie SimCity verlieren. Das Faszinierende daran: Wenn meine virtuelle Stadt im Chaos versank, empfand ich keinen Stress. Im Gegenteil: Das Scheitern war der Ansporn, meine Strategie zu überdenken, neue Wege zu suchen und eine bessere Lösung zu finden.
Der entscheidende Unterschied zwischen Spiel und Realität ist nicht die Schwere der Probleme. Es ist unsere Haltung zum Scheitern.
Im Spiel ist Scheitern ein notwendiger Teil des Lernprozesses. Ein „Game Over“ ist keine finale Verurteilung, sondern eine Einladung für einen neuen, klügeren Versuch. Im echten Leben hingegen empfinden wir Scheitern oft als persönliches Versagen, das unser Selbstbild bedroht. Diese Angst vor dem Scheitern lähmt uns und hält uns davon ab, das Leben zu führen, das wir uns eigentlich wünschen.
Zen: Das Trainingslager für das Scheitern
Wie können wir diese spielerische, resiliente Haltung in unseren ernsten Alltag zurückholen? Hier bietet die Zen-Praxis einen überraschend direkten Übungsweg.
Die Sitzmeditation (Zazen ↗) ist eine ideale Trainingssituation, um den Umgang mit dem „Scheitern“ auf mikroskopischer Ebene zu trainieren. Wenn wir auf dem Kissen sitzen und versuchen, unsere Aufmerksamkeit nur auf das Zählen der Atemzüge zu lenken, werden wir unweigerlich abgelenkt. Ein Gedanke taucht auf, wir folgen ihm und vergessen zu zählen. Wir sind an der Aufgabe „gescheitert“. Das passiert nicht einmal, sondern vielleicht zehnmal oder mehr in einer einzigen Sitzung.
Die entscheidende Übung im Zen besteht nicht darin, perfekt konzentriert zu bleiben. Sie besteht darin, die Ablenkung zu bemerken – ohne sich dafür zu verurteilen, ohne Frustration – und einfach wieder freundlich und entschlossen bei „Eins“ anzufangen.
Wir üben das Aufstehen nach dem Fallen. Immer und immer wieder.
Verlieren lernen wie ein Weltmeister
Diese Fähigkeit, das Stolpern nicht als Endpunkt, sondern als Lernmoment für den nächsten Schritt zu sehen, ist das Merkmal wahrer Meisterschaft – im Sport wie im Leben. Ein Weltmeister wie Usain Bolt hat auf seinem Weg an die Spitze unzählige Rennen verloren und mit Verletzungen gekämpft. Er hat gelernt, professionell zu verlieren: aus dem Rückschlag zu lernen und weiterzumachen, anstatt liegenzubleiben.
Die Regie zurückgewinnen
Wenn wir diese Haltung aus der Meditation in unseren Alltag übertragen, verändert sich die Perspektive. Das Leben wird nicht plötzlich problemfrei, aber es wandelt sich von einer bedrohlichen Prüfung zu einem offenen Spielfeld, auf dem wir navigieren können.
Bei Zen-Meditation Berlin üben wir genau diesen Perspektivwechsel. Es geht nicht um Realitätsflucht, sondern um eine tiefere Auseinandersetzung mit der Realität:
Es geht darum, die Regie im eigenen Leben wieder zu übernehmen – nicht verbissen, sondern mit der neugierigen Ernsthaftigkeit und der Gelassenheit eines guten Spielers, der weiß, dass auch ein verlorenes Level nur ein Schritt zum Ziel ist.
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Leonne Boogaarts
Zen-Lehrerin und Gründerin von Zen-Meditation Berlin
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