Vom Stress zum Spielfeld

Wie du dein Leben neu navigierst (mit Zen)

Warum stürzen wir uns in Spielen, beim Sport oder beim Lösen kniffliger Rätsel freiwillig in schwierige Herausforderungen und genießen den Nervenkitzel, während uns ähnliche Probleme im Alltag – ein unerwarteter Steuerbescheid, ein bürokratisches Hindernis beim Bürgeramt – sofort in Stress versetzen?

Im Spiel suchen wir die Herausforderung. Im echten Leben empfinden wir sie oft nur als Last. Was ist der entscheidende Unterschied?

Eine farbenfrohe, naive Zeichnung eines Stadtplans, der als Brettspiel mit Startfeld und Würfeln dargestellt ist. Das Bild symbolisiert die Zen-Perspektive, den Alltag nicht als Stress, sondern als spielerisch navigierbares Feld zu betrachten.
Vom Stress zum Spiel: Das Leben neu betrachten und spielerisch navigieren lernen.

Die Last der unsichtbaren Regeln

Im echten Leben fühlen sich die Einsätze oft unendlich hoch an. Das liegt nicht nur an den realen Konsequenzen, sondern vor allem an den unbewussten Normen, die wir uns selbst auferlegen. Wir versuchen, ein Leben nach perfekten Maßstäben zu führen: Wir wollen ideale Eltern sein, stets kollegiale Mitarbeiter, aufmerksame Partner, die niemals egoistisch wirken.

Dieser innere Druck macht aus einem potenziell spannenden Leben einen mühsamen Hindernislauf, bei dem jeder Fehler wie eine Katastrophe wirkt. Wir wagen es nicht mehr zu spielen, weil wir viel zu viel Angst haben, zu verlieren.

Die Haltung macht den Unterschied

Ich kenne dieses Phänomen aus eigener Erfahrung. Früher konnte ich mich stundenlang in komplexen Strategiespielen wie SimCity verlieren. Das Faszinierende daran: Wenn meine virtuelle Stadt im Chaos versank, empfand ich keinen Stress. Im Gegenteil: Das Scheitern war der Ansporn, meine Strategie zu überdenken, neue Wege zu suchen und eine bessere Lösung zu finden.

Der entscheidende Unterschied zwischen Spiel und Realität ist nicht die Schwere der Probleme. Es ist unsere Haltung zum Scheitern.

Im Spiel ist Scheitern ein notwendiger Teil des Lernprozesses. Ein „Game Over“ ist keine finale Verurteilung, sondern eine Einladung für einen neuen, klügeren Versuch. Im echten Leben hingegen empfinden wir Scheitern oft als persönliches Versagen, das unser Selbstbild bedroht. Diese Angst vor dem Scheitern lähmt uns und hält uns davon ab, das Leben zu führen, das wir uns eigentlich wünschen.

Zen: Das Trainingslager für das Scheitern

Wie können wir diese spielerische, resiliente Haltung in unseren ernsten Alltag zurückholen? Hier bietet die Zen-Praxis einen überraschend direkten Übungsweg.

Die Sitzmeditation (Zazen ) ist eine ideale Trainingssituation, um den Umgang mit dem „Scheitern“ auf mikroskopischer Ebene zu trainieren. Wenn wir auf dem Kissen sitzen und versuchen, unsere Aufmerksamkeit nur auf das Zählen der Atemzüge zu lenken, werden wir unweigerlich abgelenkt. Ein Gedanke taucht auf, wir folgen ihm und vergessen zu zählen. Wir sind an der Aufgabe „gescheitert“. Das passiert nicht einmal, sondern vielleicht zehnmal oder mehr in einer einzigen Sitzung.

Die entscheidende Übung im Zen besteht nicht darin, perfekt konzentriert zu bleiben. Sie besteht darin, die Ablenkung zu bemerken – ohne sich dafür zu verurteilen, ohne Frustration – und einfach wieder freundlich und entschlossen bei „Eins“ anzufangen.

Wir üben das Aufstehen nach dem Fallen. Immer und immer wieder.

Verlieren lernen wie ein Weltmeister

Diese Fähigkeit, das Stolpern nicht als Endpunkt, sondern als Lernmoment für den nächsten Schritt zu sehen, ist das Merkmal wahrer Meisterschaft – im Sport wie im Leben. Ein Weltmeister wie Usain Bolt hat auf seinem Weg an die Spitze unzählige Rennen verloren und mit Verletzungen gekämpft. Er hat gelernt, professionell zu verlieren: aus dem Rückschlag zu lernen und weiterzumachen, anstatt liegenzubleiben.

Die Regie zurückgewinnen

Wenn wir diese Haltung aus der Meditation in unseren Alltag übertragen, verändert sich die Perspektive. Das Leben wird nicht plötzlich problemfrei, aber es wandelt sich von einer bedrohlichen Prüfung zu einem offenen Spielfeld, auf dem wir navigieren können.

Bei Zen-Meditation Berlin üben wir genau diesen Perspektivwechsel. Es geht nicht um Realitätsflucht, sondern um eine tiefere Auseinandersetzung mit der Realität:

  • Wir nutzen die Stille, um die unbewussten „Spielregeln“ und Normen zu erkennen, die uns bisher zurückgehalten haben (wie Bubbles , die an die Oberfläche steigen).
  • Wir setzen uns bewusste Ziele – selbst in der Probestunde fragen wir nach deiner Intention –, um die Richtung des Spiels selbst zu bestimmen.
  • Wir nutzen Rituale als stabilisierende Struktur in einem dynamischen Umfeld.

Es geht darum, die Regie im eigenen Leben wieder zu übernehmen – nicht verbissen, sondern mit der neugierigen Ernsthaftigkeit und der Gelassenheit eines guten Spielers, der weiß, dass auch ein verlorenes Level nur ein Schritt zum Ziel ist.


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  • Das Leben als Spiel zu sehen, hilft uns nicht nur beim Umgang mit Scheitern, sondern stärkt auch unsere grundlegende Widerstandskraft. Erfahre mehr darüber, wie die bewusste Freude an der Herausforderung zur Lebensquelle werden kann: Spielfreude als Lebensquelle.
  • Wer das Leben als Spielfeld begreift, braucht den Mut, die starre Kontrolle loszulassen und auch mal einen unkonventionellen Zug zu wagen. Doch wie handeln wir authentisch, ohne uns hinter aufgesetzter Besonnenheit zu verstecken oder impulsiv Porzellan zu zerschlagen? Entdecke die Zen-Perspektive auf wahre Spontaneität: Jenseits von impulsiv und besonnen.
  • Das „Spielfeld des Lebens“ betreten wir selten allein. Oft sind es gerade die Mitspieler – im Team, der Familie oder im Büro –, die uns vor die größten emotionalen Herausforderungen stellen. Lies, wie der Zen-Weg helfen kann, die eigene Rolle in Gruppen neu zu definieren und soziale Reibung in echte Verbindung zu verwandeln: Von Außenseiterin zum Teamplayer.
Leonne Boogaarts, Gründerin und Zen-Lehrerin von Zen-Meditation Berlin

Zen-Lehrerin und Gründerin von Zen-Meditation Berlin

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