Wer kreative Denkweisen entwickelt, entdeckt neue Wege, um Herausforderungen zu meistern und überraschende Lösungen zu finden. Die Vorstellung, dass Kreativität nur wenigen vorbehalten ist, hält sich hartnäckig – dabei lässt sich Innovationskraft gezielt trainieren, wie ein Muskel, der mit der richtigen Übung wächst. In diesem Artikel erfährst du eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, die dir hilft, dein Denken auf kreative und lösungsorientierte Weise zu fördern.
Zentraining ist Kreativitätstraining
Im Zentrum der Zen-Praxis steht die Entwicklung des sogenannten Anfängergeistes – eine Haltung voller Offenheit und Neugier. Dieser Anfängergeist ermöglicht es uns, die Welt mit einem ständig lernenden Blick zu betrachten, frei von vorgefertigten Meinungen und Konzepten. Durch diese Haltung gewinnen wir die Fähigkeit, in scheinbar vertrauten Situationen neue Möglichkeiten zu entdecken und kreative, innovative Lösungen zu entwickeln. Der Anfängergeist eröffnet uns so einen frischen Zugang zur Welt – eine Voraussetzung, um unsere kreativen Potenziale voll auszuschöpfen. In den Zen-Kursen von Zen-Meditation Berlin ist es daher ein zentrales Anliegen, den bereits in jedem Menschen vorhandenen Anfängergeist zutage zu fördern. Einer der wichtigsten Methode dabei ist, sich eine Frage zu stellen und es sich nicht zu leicht zu machen mit der Antwort.
- mehr Ruhe
- weniger Stress
- besser schlafen
- besser fühlen
- mehr Konzentration
- besser zuhören
- weniger störende Emotionen
- mehr Energie
Eine spannende Frage zum Einstieg: Wer bin ich?
Als mein Zen-Lehrer mich aufforderte, über die Frage „Wer bin ich?“ nachzudenken und ihm beim nächsten Treffen darüber zu berichten, dachte ich zunächst: „Nichts leichter als das, denn ich weiß ja, wer ich bin.“ Doch schon bald merkte ich, wie schwierig es tatsächlich ist, diese Frage zu beantworten. Bin ich meine Identität? Bin ich meine Persönlichkeit? Bin ich meine Eigenschaften, Fähigkeiten, Vorlieben oder die Rollen, die ich spiele? Ein Puzzle aus vielen Teilen? All diese Merkmale wechseln ständig. Wo bleibe ich in diesem Ganzen? Keine der Antworten fühlte sich wirklich richtig an.
Das vertraute infrage stellen: Bin ich denn überhaupt?
Als ich meinem Lehrer erklärte, dass mir zwar viele Antworten eingefallen waren, sich jedoch keine davon „richtig“ anfühlte, meinte er nur: „Wunderbar, du bist auf einem guten Weg. Mach einfach noch eine Woche weiter.“ Die Aufforderung, mich noch eine weitere Woche mit der Frage zu beschäftigen, frustrierte mich – schließlich war mir schon letzte Woche nichts mehr eingefallen. Aus Trotz beschloss ich, die Frage einfach nicht mehr zu stellen. Doch sie ließ mich nicht mehr los.
Ich begann, weiter nach Antworten zu suchen, bis sich eine neue Frage meldete: Bin ich denn überhaupt? Diese ständige Auseinandersetzung führte dazu, dass ich sogar meine Existenz infrage stellte. Dasselbe galt für mein Wissen insgesamt: Sind die Dinge wirklich so, wie ich immer dachte, dass sie sind?
Nicht wissen ist am nächsten zur Wahrheit. Die größte Erkenntnis ist, zu wissen, dass man nichts weiß – Zen-Meister Hakuin Ekaku (1686–1769)
Ich weiß, dass ich nichts weiß – Die Quelle der Weisheit
Einer der einflussreichsten griechischen Philosophen, Sokrates, ging der Frage des Wissens auf den Grund und kam zu dem berühmten Schluss: „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ Damit unterschied er sich von vielen seiner Mitmenschen, die glaubten, bereits alles zu wissen – und dadurch ihre Lernfähigkeit eingebüßt hatten. Gerade durch die Relativierung des eigenen Wissens, oder sogar das bewusste Erkennen des Nicht-Wissens, können neue Einsichten und Ideen entstehen. Wer sich eine Frage stellt, aktiviert sein Nicht-Wissen – und damit die Quelle seiner Kreativität und Innovationskraft.
In unserer Gesellschaft wird das Eingeständnis von Nicht-Wissen oft als Schwäche oder gar als Dummheit angesehen. Um nicht dumm dazustehen, neigen wir dazu, schnell eine Antwort zu geben, ohne lange nachzudenken. Nichts ist für einen Politiker schädlicher, als in einem Interview nicht sofort eine einfache Antwort parat zu haben. Schon das Infragestellen der eigenen Antworten gilt häufig als Unsicherheit. Auch in der Schule lernen wir, dass es meist nur eine „richtige“ Antwort gibt und alle anderen falsch sind. Diese kulturellen Gepflogenheiten stehen dem Erkennen und Nutzen unseres Nicht-Wissens – und damit unserer Kreativität und Innovationskraft – im Weg.
Die hohe Kunst des Fragens – Kōanstudie
Neben der Sitzmeditation (Zazen), bei der wir uns auf die Atmung konzentrieren und aufkommende Gedanken unbewertet vorbeiziehen lassen, ist die Kōanstudie eine wichtige Methode, um den Anfängergeist zu öffnen. Ein Kōan ist eine Art Rätsel oder eine paradox wirkende Frage, die in der Zen-Praxis verwendet wird, um das rationale Denken herauszufordern und einen tieferen Zustand der Einsicht oder Erleuchtung zu erreichen. Kōans stellen oft scheinbar unlösbare Fragen, wie zum Beispiel „Wie klingt das Klatschen einer Hand?“ Diese Fragen sind bewusst so gestaltet, dass sie sich nicht logisch beantworten lassen und den Denkenden dazu anregen, über die Grenzen des intellektuellen Verstandes hinauszugehen. Durch die meditative Auseinandersetzung mit einem Kōan sollen festgefahrene Denkmuster durchbrochen und eine direkte, intuitive Erkenntnis gefördert werden.
Mehr lesen:
Kreativität fordern und messen: Unusual Uses Test
Der Unusual Uses Test ist eine Methode, um kreatives Denken zu fördern und zu messen, indem man so viele unkonventionelle Nutzungsmöglichkeiten wie möglich für einen alltäglichen Gegenstand findet, wie etwa eine Büroklammer oder einen Ziegelstein. Bei diesen Tests schneiden Kinder oft besser ab als Erwachsene, da sie weniger kognitive Fixierungen entwickelt haben. Sie sind offener für unterschiedliche Lösungsansätze und lassen sich nicht so leicht durch festgefahrene Denkmuster einschränken. Ihre Herangehensweise ist spielerisch und frei, ohne sich um „richtige“ oder „falsche“ Ideen zu sorgen. Das zeigt, wie wertvoll es ist, einen offenen Geist zu bewahren und frei zu experimentieren – eine Haltung, die Erwachsene oft erst wieder erlernen müssen.
Auch in der Zen-Praxis gibt es einen uralten „Unusual Uses Test“: den Kōan „Welchen Nutzen hat ein Eimer ohne Boden?“ Schon seit Jahrhunderten nutzen Zen-Praktizierende diesen Kōan, um ihren Anfängergeist wiederzuerlangen und den Blick für ungewohnte Möglichkeiten zu öffnen. Der Kōan ermutigt dazu, feste Vorstellungen loszulassen und neue, ungewohnte Perspektiven einzunehmen – genau wie beim Unusual Uses Test.
Entfessele deine Innovationskraft: Stelle Fragen
Fragen haben die Kraft, uns aus festgefahrenen Denkmustern zu lösen und neue Perspektiven zu eröffnen. Dabei geht es nicht darum, sofort die richtige Antwort zu finden – vielmehr geht es darum, sich auf die Unsicherheit einzulassen und offen für unerwartete Antworten zu bleiben. Diese Offenheit schafft Raum für neue Gedanken, Ideen und Lösungen, die uns sonst verborgen blieben. In diesem Zustand des Nicht-Wissens entfaltet sich echte Innovationskraft.
Irgendwann in diesem Prozess kann Frustration aufkommen – so wie ich es bei der Frage nach meinem Ich erlebte. Man spürt eine Blockade und hat das Gefühl, dass einem nichts mehr einfällt. Freue dich, denn das ist ein Zeichen dafür, dass sich ein kreativer Durchbruch anbahnt. Wenn du jetzt nicht locker lässt und weiterfragst, kannst du zu Einsichten gelangen, die neue Perspektiven eröffnen.
Abonniere den Newsletter!
Erhalte jede Woche Buch- und Filmempfehlungen, Infos über die neuesten Zen-Kurse in Berlin und neue Blogartikel direkt in deine Mailbox. Melde dich jetzt an und verpasse keine Neuigkeiten mehr.
Übung macht den Zen-Meister
Wie jeder Mensch stehst auch du vor Herausforderungen, die durch kreative Problemlösungsstrategien besser gelöst werden könnten. Nimm dir also ein aktuelles Problem und stelle dir dazu eine Frage, zu der du so viele Antworten wie möglich formulierst. Begrüße den Frust, wenn er auftritt, denn er ist oft das Zeichen, dass du kurz vor einem Durchbruch stehst – einem neuen Lösungsansatz. Das Entwickeln der richtigen Fragen und das Formulieren zahlreicher Antworten erfordern ständige Übung. Je mehr du übst, desto besser wirst du darin, den Anfängergeist zu entwickeln und ihn zu einer Lebenskunst zu kultivieren, die dir immer wieder neue Perspektiven eröffnet.
Wenn du deine Innovationskraft und Lebensqualität nachhaltig steigern möchtest, melde dich jetzt für unseren Kurs an. Jede Woche lernst du neue Ansätze kennen – gemeinsam mit anderen, die ebenfalls ihren Horizont erweitern wollen, und unter der Anleitung einer erfahrenen Zen-Lehrerin.
Leonne Boogaarts
Zen-Lehrerin und Gründerin von Zen-Meditation Berlin
Hast du Fragen zum Artikel, möchtest du etwas kommentieren oder einfach mehr über Zen erfahren? Schreib mir eine E-Mail 📧– ich freue mich auf deine Nachricht und antworte dir gerne.😊